In Hannover entsteht mit dem ecovillage ein völlig neues Stadtviertel aus ökologischen Modulhäusern und einer kleinen Anzahl von Tiny Houses auf 50.000 Quadratmetern. Wir haben mit Hans Mönninghoff, einem der Initiatoren des genossenschaftlichen Projektes und langjährigem Wirtschafts- und Umweltdezernenten darüber gesprochen, wie Städte, Gemeinden und Menschen von einem solchen Projekt profitieren – und warum nicht jedes Modulhaus im ecovillage willkommen ist.
Herr Mönninghoff, bitte beschreiben Sie kurz das Konzept des ecovillage Hannover – an wen richtet es sich und wie soll es aussehen, wenn es fertig ist?
Hans Mönninghoff: Die ecovillage-Genossenschaft realisiert ein suffizientes (genügsames) Wohnviertel mit zirka 500 kleinen Wohnungen in 2-4-stöckigen Gebäuden plus 70 Stellplätzen für mobile private Tinyhäuser – insgesamt Wohnraum für rund 1000 Menschen. Die Vision: Viel gemeinschaftliches Leben mit einem möglichst geringen ökologischen Fußabdruck und mit einem hohen sozialen Standard.
Ziel der Planungen ist es, gleichzeitig nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum auf einem mit dem ÖPNV gut erschlossenen, städtischen Grundstück zu schaffen. Einerseits wollen wir eine relativ hohe Verdichtung, andererseits viel Grün. In dem “Tiny-Living”-Quartier werden die Vorteile einer Großstadt mit denen eines Dorfes miteinander verbunden.
Wie haben die Mitarbeiter der Stadtverwaltung reagiert, als Sie ihnen die Idee zum ersten Mal vorstellten und vor welchen Herausforderungen standen Sie bei der Grundstückssuche?
Mönninghoff: Die Stadt sah, dass es ein riesiges Interesse gab, denn schon bei der Auftaktveranstaltung der Initiative waren mehr als 300 Interessierte anwesend. Sie hat uns daher umgehend ein sowieso in der Vermarktung befindliches rund 50.000 m² großes, städtisches Grundstück mit vorhandenem geeignetem Bebauungsplan zum Kauf zur Verfügung gestellt. Das war ein absoluter Glücksfall! Geholfen hat vielleicht, dass ich bis zur Pensionierung 24 Jahre Wirtschafts- und Umweltdezernent der Stadt war und dadurch ein Vertrauen bestand, dass wir “seriöse” Pläne hatten.
Auf welche Bedenken sind Sie gestoßen und wie haben sie diese beseitigt?
Mönninghoff: Die Sorge war, dass dort eine “wilde Capingplatzsiedlung” mit einem architektonischen “Kraut und Rüben” entstehen könnte. Wir haben uns deshalb sofort bereit erklärt, einen international besetzten städtebaulichen Wettbewerb für den Quartiersplan auszuschreiben, bei dem sich 31 Teams aus vier Ländern beteiligt haben.
Unter Beteiligung der Stadt hat eine sehr qualifizierte Jury dann die drei besten Entwürfe ausgewählt und die Genossenschaftsmitglieder haben unter diesen den finalen Entwurf des Teams Studiomauer/Cityförster beschlossen.
Was denken Sie: Wäre Ihr Konzept auch in ländlichen Gegenden umsetzbar?
Mönninghoff: Das hängt davon ab, wie Sie “ländliche Gegend” definieren. Das Konzept passt nicht in eine dörfliche Struktur, aber zum Beispiel in dem 5.000-Einwohner-Städtchen Hitzacker wird im kleineren Maßstab ein ähnliches Konzept realisiert.
Welche Voraussetzungen wären dafür nötig?
Mönninghoff: Interesse der Kommune, durch ein innovatives Konzept zusätzliche Menschen in den Ort zu ziehen und die Bereitschaft, kurzfristig einen passenden Bebauungsplan aufzustellen.
Manche Gebäude im Ecovillage werden in Modulbauweise errichtet oder sind Tiny-Houses-on-Wheels. Dafür haben Sie ökologische Mindeststandards definiert. Welche sind das?
Mönninghoff: Einige. Zum Beispiel müssen die Häuser einen gewissen Dämmwert aufweisen und ihren Strom aus erneuerbaren Energiequellen beziehen.
Warum haben Sie diese Bedingungen aufgestellt?
Mönninghoff: Viele auf dem Markt befindlichen mobilen Tinyhäuser sind schadstoffbelastet und energetisch absolut unvertretbar. Sowas wollen wir in Hannover nicht. Unsere stationären Häuser werden weitgehend mit ökologischen Baustoffen und komplett im Passivhausstandard gebaut und da war es logisch, auch für die mobilen Tinyhäuser einen bestimmten Standard vorzugeben.
Inwiefern können Städte und Kommunen Ihrer Ansicht nach von Wohn- und Lebensentwürfen wie dem Ecovillage Hannover profitieren?
Mönninghoff: Mit dem ecovillage-Konzept können einerseits Menschen im städtischen Ballungsraum gehalten werden, die sonst ins Umland ziehen würden. Beim hannoverschen Projekt ziehen andererseits 15 Prozent aus dem Umland in die Stadt und zirka 20 Prozent kommen speziell wegen dieses Bauprojekts aus dem übrigen Deutschland nach Hannover. Diese Zuziehenden sind ein zusätzliches, wirtschaftlich sehr interessantes Potential für die Stadtgesellschaft.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass Projekte wie das Ihre Schule machen – in Deutschland und in Europa?
Mönninghoff: Wir meinen, dass wir ein europaweit beachtetes Modellprojekt für das Bauen und Leben in einem städtischen Raum des 21. Jahrhunderts realisieren.
Herr Mönninghoff, vielen Dank für das Gespräch!